Insolvenzverfahren: Wenn das Fehlentscheidungs-Karussell endlich stoppt!
Es ist beeindruckend, wie lange der Leidensweg ist, bis endlich der Insolvenzantrag gestellt wird. Meist auf Druck externer Partner des Unternehmens. Obwohl das Insolvenzverfahren – genauer gesagt die Insolvenzordnung – dafür geschaffen wurde, Unternehmen zu sanieren.
Nach unserer Erfahrung liegt es nicht nur an mangelnder Erkenntnis, sondern auch an der Stigmatisierung eines vermeintlichen Scheiterns als Unternehmerpersönlichkeit.
Ungeachtet dessen gilt aber auch, dass die Gründe für die Verpflichtung bzw. Option zur Stellung eines Insolvenzantragslange häufig negiert und Gegenmaßnahmen nicht rechtezeitig ergriffen wurden. Denn die Anzeichen für eine (drohende) Insolvenz sind meist nicht zu übersehen.
Drohende Firmeninsolvenz frühzeitig erkennen
Viele Unternehmerinnen und Unternehmer suchen die Gründe für zurückgehende Umsätze und Erträge außerhalb des Unternehmens. Der Markt oder der Wettbewerb mit seiner Tiefpreispolitik sind schuld, ebenso die Lieferanten und ihre hohen Preise, neue Gesetze und Vorschriften oder eine Pandemie. Zugegeben: Ein Ereignis wie die Corona-Pandemie stellt alle Unternehmen vor enorme Herausforderungen. Wenn wir aber solche unvorhersehbaren Ereignisse beiseitelassen, müssen wir zugeben, dass die Gründe für eine drohende Insolvenz sehr oft im Unternehmen selbst begründet sind.
Vor der Firmeninsolvenz steht eine Liquiditätskrise,
davor eine Ertragskrise und davor eine Strategiekrise.
Kennzeichen der Ertragskrise sind unter anderem:
- Die Umsätze steigen, aber die Erträge sinken.
- Umsätze und Erträge sinken.
- Höhere Umsätze können nur durch sinkende Preise erkauft werden.
- v.m.
Wenn so etwas passiert, stimmte die Strategie nicht oder nicht mehr. Wer sich beispielsweise auf Preiskämpfe einlassen muss, dem fehlt die Differenzierung. Er ist austauschbar. Es ist im Falle einer Ertragskrise unerlässlich, sich mit der Strategie zu befassen und sie neuen Entwicklungen im Markt anzupassen. Idealerweise aber beschäftigt man sich aber im Rahmen der Jahresplanung auch mit der Strategie und prüft Anpassungserfordernisse.
Möglicherweise sind Erste-Hilfe-Maßnahmen notwendig, z.B. Kostensenkungen, Straffung der Wertschöpfungskette etc., damit das Unternehmen rechtzeitig die Wende schafft und am Markt bleiben kann. Dies gefolgt von Verbesserungen in sämtlichen Kernprozessen des Unternehmens.
In Fragen der Finanzierung – letztlich der Abwendung der der Ertragskrise folgenden Liquiditätskrise – werden die Kreditinstitute nicht umhinkommen, ein Sanierungsgutachten einzufordern.
Dies ist keine Schikane der Kreditgeber, sondern dient der Erfüllung ihrer Verpflichtungen aus dem Kreditwesengesetz sowie den Geschäftsführern bezüglich ihrer eigenen Haftung.
Übrigens: Fragen rund um das Thema Sanierungsgutachten beantworten wir Ihnen gerne.
Wenn Insolvenzverschleppung droht
Trotz der Gefahr, die dem Unternehmen, seinen Geschäftsführern und Gesellschaftern durch Insolvenzverschleppung droht, bleiben manche Verantwortliche untätig, ignorieren die Ertragskrise und auch die folgende Liquiditätskrise. Vielfach versuchen sie noch mit privatem Vermögen zu retten, was nicht mehr zu retten ist, Löcher zu stopfen, die nicht mehr zu stopfen sind.
Insolvenzverschleppung ist eine Straftat, die vorliegt, wenn eine Kapitalgesellschaft, zum Beispiel eine GmbH, zahlungsunfähig oder überschuldet ist und die Verantwortlichen den Insolvenzantrag nicht innerhalb kürzester Frist stellen. Auch bei drohender Zahlungsunfähigkeit innerhalb der nächsten 24 Monate muss ein Insolvenzantrag gestellt werden.
Der Antrag wegen drohender Insolvenz stellt eine Art Schutz-Möglichkeit für die Geschäftsführung dar, die sich zur Sanierung des Unternehmens unter den Schutz des Insolvenzrechts stellt, um dessen Möglichkeiten – u.a. bezüglich der Verhandlungsführung mit Gläubigern – zu nutzen.
Insolvenzverwaltung bedeutet nicht das Ende
Wenn ein Insolvenzantrag gestellt wird, bedeutet das nicht, dass das Unternehmen geschlossen und alle Mitarbeitenden entlassen werden. Es liegt im Ermessen des Insolvenzverwalters, ob das Unternehmen weitergeführt und eventuell verkauft werden kann. Dies liegt an der grundsätzlichen Ertragsfähigkeit des Unternehmens.
Eine weitere Möglichkeit ist das Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung. Wird der Antrag vom Insolvenzgericht genehmigt, kann der Unternehmer weiterhin eigenständig über das Unternehmen und dessen Vermögen bestimmen. Voraussetzung für die Insolvenz in Eigenverwaltung ist, dass sie nicht zu Nachteilen für die Gläubiger führt. Darüber hinaus wird dem Antragsteller ein Sachverwalter zur Seite gestellt, der das Handeln des Antragstellers bzw. Unternehmers im Sinne der Gläubiger überwacht.
Fazit
Um eine Liquiditätskrise und eine anschließende Firmeninsolvenz zu vermeiden, sollte bei den ersten Anzeichen einer Ertragskrise gehandelt werden.