EU-Taxonomie: Was kommt auf die Betriebe zu?

Die Taxonomie-Verordnung ist bereits seit 2020 in Kraft und schafft eine Richtschnur für das, was auf dem Weg Richtung Klimaneutralität tatsächlich als nachhaltig zu bewerten ist.

Die „EU-Taxonomie“ ist Teil des europäischen „Green Deal“, der den Weg zu einer ressourceneffizienten und wettbewerbsfähigen, nachhaltigen Wirtschaft schaffen will.

Am Ende sollen die EU-Mitgliedsländer bis 2050 keine Netto-Treibhausgase mehr ausstoßen und ihr Wachstum von der Ressourcennutzung abgekoppelt haben. Die EU-Taxonomie nennt dabei konkret folgende sechs Umweltziele:

  • Klimaschutz
  • Anpassung an den Klimawandel
  • Nachhaltige Nutzung und Schutz von Wasser- und Meeresressourcen
  • Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft
  • Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung
  • Schutz und Wiederherstellung von Biodiversität und Ökosystemen

Als „nachhaltig“ in diesem Sinne gelten dabei wirtschaftliche Tätigkeiten, die mindestens zu einem der sechs Umweltziele erheblich beitragen, ohne dabei einem anderen Ziel signifikant zu schaden.

 

Nachhaltigkeit als Schlüsselrolle

Der Finanzbranche kommt auf dem Weg zu einer nachhaltigen Wirtschaft eine Schlüsselrolle zu: Sie zählt zu den Vorreitern auf dem Weg zu mehr grünen Anlagen und Investitionen. Immerhin sammelte sie allein in Deutschland im letzten Jahr fast 250 Mrd. Euro für Fonds ein, die für sich beanspruchen, mehr oder minder konsequent nach ESG-Kriterien zu investieren. ESG steht für Umwelt (Environment), soziale Verantwortung (Social) und gute Unternehmensführung (Governance). Es braucht jedoch auch eindeutige Kriterien, was tatsächlich in die Welt von Green Finance gehört.

 

„Aktionsplan für nachhaltige Finanzen“

Mit ihrem „Aktionsplan für nachhaltige Finanzen“ („Sustainable Finance“) verpflichtet die EU in erster Linie die Finanzwirtschaft auf Nachhaltigkeitsziele. Sie macht damit zwei Aspekte deutlich: Zum einen fällt den Banken und Versicherungen eine besondere Hebelwirkung auf dem Weg in eine nachhaltige Wirtschaft zu. Zum anderen soll die Taxonomie die Grundlage für klare Bewertungskriterien schaffen. Darüber hinaus werden auf Basis der Taxonomie-Verordnung und der geltenden Offenlegungsverordnung über die CSR-Richtlinie bereits heute alle kapitalmarktorientierten Unternehmen, Kreditinstitute und Versicherungsunternehmen mit mehr als 500 Arbeitnehmern in die Pflicht genommen: Im Rahmen ihrer nicht-finanziellen Berichterstattung müssen sie demnach offenlegen, ob und in welchem Umfang ihre wirtschaftlichen Tätigkeiten mit den ökologisch nachhaltigen Tätigkeiten verbunden sind, die in der Taxonomie-Verordnung festgeschrieben sind.

Was bedeutet das? Mittelbar werden schon in Kürze die berichtenden Finanzinstitute von ihren Kunden bzw. große Unternehmen von ihren Zulieferern Informationen darüber verlangen, wie es bei ihnen um die Einhaltung der ESG-Kriterien bestellt ist. „Die Anforderungen kommen von großen Kunden, Banken oder Versicherungen auf kleine und mittlere Unternehmen zu“, unterstrich deshalb Dr. Udo Raab, Chefvolkswirt der IHK Nürnberg für Mittelfranken.Denn damit die Finanzbranche ihre nicht-finanziellen Berichte abfassen kann, wird sie verstärkt ihre Kreditnehmer auf Nachhaltigkeitsrisiken durchleuchten.

 

Anpassungen der CSR-Richtlinie im vollen Gange

Laut vorgelegtem Entwurf der EU zur Anpassung der CSR-Richtlinie (Corporate Sustainability Reporting Directive, CSRD) wird sich künftig die Zahl der berichtspflichtigen Unternehmen voraussichtlich enorm erweitern.
Danach sollen ab 1. Januar 2024 alle kapitalmarktorientierten Unternehmen (Kleinstunternehmen wohl erst ab 1. Januar 2026) berichten müssen. Auch alle großen Unternehmen sollen unabhängig von einer Kapitalmarktorientierung davon erfasst werden, wenn sie mindestens zwei der drei folgenden Größenmerkmale überschreiten: Bilanzsumme 20 Mio. Euro, Nettoumsatzerlöse 40 Mio. Euro oder 250 Beschäftigte. Dadurch könnte sich die Zahl der direkt betroffenen Unternehmen in Deutschland verdreißigfachen. Und darüber hinaus wären künftig auch mehr Unternehmen mittelbar betroffen von den Berichtspflichten.

 

Banken bewerten Nachhaltigkeitsrisiken

Die Konsequenzen für die Kreditkunden erläuterte bei dem IHK-Webinar Mathias Heinke, Regionalbereichsleiter Bayern Nord der HypoVereinsbank in Nürnberg: „Die Banken müssen Daten zum Klimaschutz und zur Anpassung an den Klimaschutz erfassen, um ihre eigene nicht-finanzielle Berichtspflicht zu erfüllen.“ Das Portfolio der Kunden wird also nicht nur nach deren Bonität beurteilt, sondern muss auch deren Nachhaltigkeitsrisiken und deren Performance bei den ESG-Kriterien erfassen. Dabei geht es einerseits um physische Risiken, wenn etwa durch Naturereignisse die Produktion oder die Wertschöpfungsketten bedroht sind. Andererseits kommen auch sogenannte transitorische Risiken in den Blick: Damit sind laut Heinke Übergangsrisiken gemeint, die auf dem Weg zur Klimaneutralität – etwa durch den steigenden CO2-Preis – einzelne Industrien, Branchen oder Geschäftszweige treffen können. Auch ein verändertes Käuferverhalten oder Reputationsrisiken sind hier zu bewerten.

Die EU will die neuen Standards der „Corporate Sustainability Reporting Directive“ (CSRD) noch in diesem Herbst veröffentlichen. Ab dem Jahr 2024 sind dann nach den derzeitigen Planungen der EU die ersten Berichte unter dem neuen CSRD-Standard zu veröffentlichen, ergänzte Marion Pflügner, Expertin für Sustainable Finance bei der HypoVereinsbank. Dann werde nach aktuellem Stand auch das Wahlrecht bei der Offenlegung entfallen, die Nachhaltigkeitsberichterstattung müsse dann ein verbindlicher Teil des Lageberichts sein. Außerdem gelte dann die sogenannte „doppelte Wesentlichkeit“. Das bedeutet, dass Unternehmen angeben müssen, wie Nachhaltigkeitsaspekte ihr Unternehmen beeinflussen und wie sich ihr Unternehmen auf die Menschen und die Umwelt auswirkt.

 

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Außerdem: Weitere Informationen zu Weiter- und Fortbildungen zum Thema finden Sie unter www.ihk-nuernberg.de/sustainable-finance.

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